In seinem neuesten Kriminalroman lässt Robert Vieli seinen pensionierten Kommissar Fürbass zur Hochform auflaufen. Ein Jahrhundertschneefall, drei Morde und ein zugemauerter Tunneleingang geben Rätsel auf.

Von Maya Höneisen, Südostschweiz

Er weilt gerade mit seiner Frau in den Ferien in Scuol. Von Entspannung kann während dieser Tage für den pensionierten Kommissar Jonas Fürbass aber keine Rede sein. Ein Mord in einem abgelegenen Jagdunterstand des Bauern und Jägers Curdin Caviezel bringt ihn auf Trab, was ihm eigentlich gerade recht kommt, bietet doch der Jahrhundertschneefall während seines Aufenthaltes im Unterengadin nicht unbedingt die ultimativen Freizeitmöglichkeiten.

Fürbass lässt sich also nicht lange bitten und begleitet den Dorfpolizisten Gian Janett auf Spurensuche zum Tatort. Der Tote wurde mit einem Hammer erschlagen, neben ihm liegt ein Meissel auf dem Boden. Offensichtlich muss er versucht haben, in die Rückwand der an den Fels gebauten Hütte ein Loch in die Wand zu schlagen. Fürbass entdeckt einen Rundbogen über der Wand und kombiniert mit messerscharfem Verstand: Hier muss der Eingang zu einem Tunnel sein. Bloss warum und wo sollte dieser hinführen?

Reise in die Vergangenheit

Zurück in Scuol findet Fürbass in der Hotelbibliothek Bücher zur Eisenbahngeschichte Graubündens und entdeckt die historischen Ostalpenprojekte der Rhätischen Bahn, die 100 Jahre zuvor durch die Köpfe der Bahnpioniere geisterten. Die damals kurz vor dem Ersten Weltkrieg geplanten Transitachsen kamen allerdings nie zustande oder blieben unvollendet. Und nun liegt plötzlich ein Toter vor einem der damals nicht fertiggestellten und heute zugemauerten Tunneleingänge.

Und es bleibt auch nicht bei dem einen Todesfall. Ein zweiter Mord ereignet sich bald darauf. In derselben Hütte wird nämlich Curdin Caviezel erschossen. Wenige Monate später wird auch noch ein deutscher Tourist in Scuol vergiftet. Ein Zusammenhang mit den vorangegangenen Verbrechen scheint unvorstellbar. Nicht für Kommissar Fürbass. Er vermutet im Namen der verschwundenen Begleiterin des dritten Todesopfers die Lösung. Der Pensionär setzt nun sein ganzes Beziehungsnetz ein – vom Archivar bei der Kantonspolizei bis zum Neffen seiner Frau beim Amt für Altertumsforschung – um den rätselhaften Morden auf die Spur zu kommen. Schlau und findig spürt er Verknüpfungen auf und stösst dabei bis in Zeiten der Bündner Wirren während der Reformation und Gegenreformation vor.

Unkonventionelle Methoden

Nicht immer bewegt sich Fürbass bei seinen Nachforschungen auf rechtmässigen Pfaden. Gelegentlich misst er gerne auch mit eigenen Ellen, was ihn aber umso sympathischer macht. Nach und nach vermag die von seinem Schöpfer Robert Vieli charmant und liebenswert gezeichnete Spürnase schliesslich die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen zusammenzufügen und den kniffligen Fall zu lösen.

Robert Vieli: «Hinter der Mauer». Ein Bündner Kriminalroman. Südostschweiz-Buchverlag. 310 Seiten. 28 Franken.